Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen hat ein Kandidat der rechtspopulistischen Bürger in Wut (BIW) nach Angaben der Wählervereinigung wissentlich Unterstützung von Rechtsextremen erhalten. Die Bremer Landesvorsitzende von Bürger in Wut, Julia Tiedemann, sagte ZEIT ONLINE, der Abgeordnete Sven Lichtenfeld habe im Wahlkampf bekannte Bremer Rechtsradikale gebeten, für ihn Werbematerial zu verteilen. Lichtenfeld habe das auf Nachfrage auch eingeräumt. BIW-Spitzenkandidat Jan Timke sagte, Lichtenfeld werde deshalb nicht Mitglied der BIW-Fraktionen in der bremischen Bürgerschaft und der Stadtverordnetenversammlung von Bremerhaven sein.
Sven Lichtenfeld war langjähriges Mitglied der AfD – die Partei ist in Bremen jedoch tief gespalten und war wegen interner Querelen bei der Bürgerschaftswahl am 14. Mai nicht antreten. Lichtenfeld selbst war bereits 2021 zu BIW gewechselt. Für diese errang er bei der Wahl vor gut einer Woche ein Mandat in der Bremer Bürgerschaft sowie eins in der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven.
"Gegen die Werte von BIW verstoßen"
Lichtenfeld habe "wissentlich Unterstützung von Personen aus dem rechtsextremen Milieu erhalten", sagte Timke. Er habe dies genutzt, "um die Zahl seiner Personenstimmen und damit seine Wahlchancen zu erhöhen". Damit habe der Abgeordnete "gegen die Werte und politischen Grundüberzeugungen von BIW" verstoßen und "eine rote Linie überschritten".
Daher sei "eine vertrauensvolle Zusammenarbeit" künftig unmöglich. Er forderte Lichtenfeld auf, die Mandate in der Bürgerschaft und in der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven nicht anzunehmen.
Schon kurz vor der Wahl hatte die Vereinigung einen ihrer Kandidaten aufgefordert, auf eine Wahl zu verzichten, nachdem Neonazikontakte bekannt geworden waren. Bei der Wahl am 14. Mai waren die BIW laut vorläufigem amtlichen Endergebnis auf 9,4 Prozent der Stimmen gekommen. Sie stellen damit zehn Abgeordnete im Bremischen Landtag statt bisher zwei. Die Fraktion soll sich in den kommenden Wochen konstituieren. Sie wird nicht mehr BIW heißen, sondern Bündnis Deutschland. Mit der erst im März bundesweit gegründeten Partei hatten BIW ein Wahlkampfbündnis geschlossen und zugleich vereinbart, nach der Wahl zu einer Partei zu fusionieren. Timke sagte weiter, Lichtenfeld werde auch nicht als Mitglied von Bündnis Deutschland aufgenommen.
Die SPD hatte die Wahl mit 29,8 Prozent der Stimmen gewonnen. Sie regierte bislang mit Grünen und Linken. Mit den Grünen, der Linken und der CDU hat sie bereits in den vergangenen Tagen einzeln Sondierungsgespräche geführt, am Nachmittag ist ein gemeinsames Sondierungstreffen der drei bisherigen Koalitionsparteien geplant. Am Mittwochabend entscheidet der Landesvorstand der SPD, mit wem Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden sollen.